Vielfältige Herausforderungen bei Bezug von nachhaltig erzeugtem Kokosfett

©Wuttichok Panichiwarapun/Shutterstock

©Wuttichok Panichiwarapun/Shutterstock

Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) nimmt zu der WWF Veröffentlichung „Like Ice in The Sunshine. Pflanzenöle und Fette in Speiseeis. Das Beispiel Kokosöl“ vom 31.07.2020 wie folgt Stellung:

Deutsche Süßwarenindustrie: Starkes Engagement für nachhaltige Rohstoffe

In vielen Rezepturen von Speiseeis spielen Importrohstoffe wie Kakao, Kokosfett oder Palmöl eine wichtige Rolle. Die industriellen deutschen Speiseeishersteller bekennen sich als Verwender dieser Rohstoffe zu ihrer gesellschaftlichen Mitverantwortung für eine nachhaltige Erzeugung.

Nachhaltigkeit bedeutet, soziale, ökologische und wirtschaftliche Aspekte dauerhaft in Einklang zu bringen. Die Unternehmen der Speiseeisindustrie setzen sich verantwortlich für den Umwelt- und Artenschutz bei der Palmölproduktion ein. Sie verwenden zum größten Teil nachhaltig erzeugtes, zertifiziertes Palmöl. Viele engagieren sich unmittelbar als Mitglieder im Round Table on Sustainable Palm Oil (RSPO). Auch verwenden sie ganz überwiegend nur noch nach Nachhaltigkeitsstandards zertifizierten Kakao.

Die deutsche Speiseeisindustrie hat im Jahr 2019 rund 22.000 Tonnen Kokosfett verarbeitet. Bezogen auf die Menge des 2019 in Deutschland hergestellten Speiseeises ist das ein Anteil von 5,5%. Die weitaus überwiegende Zutat beim Speiseeis sind Milch- und Milchprodukte (60 bis 80%). Bei einem Gesamtverbrauch von rund 190.000 Tonnen Kokosfett/Jahr in Deutschland verarbeitet die Speiseeisindustrie einen verhältnismäßig geringen Anteil von 11,5 %. Der weitaus überwiegende Anteil von 122.500 Tonnen Kokosfett/Jahr bzw. 64,5 % kommt in Deutschland außerhalb der Lebensmittelproduktion, vor allem in der chemischen oder der kosmetischen Industrie, zum Einsatz.

Fette sind für die Herstellung von Speiseeis unverzichtbar

Neben Milch und Zucker ist Fett ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Speiseeis. Milch- oder Pflanzenfette verleihen dem Speiseeis seinen cremigen Geschmack und tragen wesentlich zur Stabilität des Speiseeises bei.

Entgegen den Darstellungen von WWF verarbeiten die deutschen Speiseeishersteller bei einem Speiseeis mit pflanzlichen Fetten in der Eismasse schon seit langem nahezu ausschließlich Kokosfett und haben in der jüngeren Vergangenheit keinen Wechsel bei der Speiseeisherstellung von Palmöl zu Kokosfett vorgenommen. In einer Umfrage des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie im Jahr 2012 hatten die Mitglieder der Fachsparte Markeneis bereits für das Jahr 2011 angegeben, dass bei der Speiseeisproduktion in Deutschland Kokosfett einen Anteil von 99 % und Palmfett von lediglich 1 % hat. Vor allem wird Kokosfett nicht deshalb für die Speiseeisherstellung eingesetzt, um sich einer Verwendung von nachhaltig erzeugten Rohstoffen wie zum Beispiel Palmfett zu entziehen.

Ein wesentlicher Grund für den Einsatz von Pflanzenfetten, insbesondere von Kokosfett, in Speiseeis ist der neutrale Geschmack sowie der niedrige und gleichförmige Schmelzbereich (18-23°C), der zu einer gleichmäßigen und schnellen Aromafreisetzung im Mund führt. Kokosfett bietet den Vorteil gegenüber pflanzlichen Ölen, dass es nicht gehärtet werden muss, um die notwendigen technologischen Eigenschaften für Speiseeis zu erreichen.

Die Verwendung von Palmöl bei Speiseeis hingegen erfolgt nahezu ausschließlich in kakaohaltigen Überzugsmassen, in Waffeln oder Gebäckstückchen aus technologischen Gründen in einer verhältnismäßig geringen Größenordnung von nur wenigen 1000 Tonnen/Jahr.

Vielfältige Herausforderungen bei Bezug von nachhaltig erzeugtem Kokosfett

Das Angebot von nachhaltig erzeugten agrarischen Rohstoffen ist in den letzten Jahren merklich gestiegen. Es gibt derzeit aber noch nicht für alle Lebensmittelrohstoffe ein ausreichendes Angebot. Dies trifft insbesondere auch auf Kokosfett zu.

Weltweit gibt es nach wie vor nur ein kleines Angebot von nachhaltig erzeugtem oder zertifiziertem Kokosfett. Hierfür gibt es gleich mehrere Gründe:

  • Anders als bei Ölpalmen sind die meisten Kokosnussbauern Kleinbauern und Pächter, die nur kleine Flächen mit weniger als vier Hektar bewirtschaften. Der Aufbau einer nachhaltig zertifizierten Lieferkette bei kleinbäuerlichen Strukturen mit vielen Beteiligten (unter anderem Kokosbauern, Zwischenhändlern für das getrocknete Fruchtfleisch (Kopra), Ölmühle, Lagerung und Transport nach Europa) ist komplex und bedarf viel Zeit und Ausdauer.
  • Für den Anbau von Kokospalmen gibt es derzeit kein dem Anbau von Ölpalmen vergleichbares Zertifizierungssystem für den industriellen Bereich.
  • In Bezug auf die weltweite Anbaufläche und deren Ausdehnung spielt Kokosfett eine wesentlich geringere Rolle als Palmöl.
  • Der Verbrauch von Kokosfett, weltweit rund 3,54 Mio. Tonnen (2019), ist deutlich geringer als der von Palmöl, weltweit rund 74,6 Mio. Tonnen (2019). Der Verbrauch von Kokosfett ist zudem seit Jahren stabil (2008/2009 3,82 Mio. Tonnen) während der Verbrauch von Palmöl ständig zunimmt (2008/2009 44,24 Mio. Tonnen).
  • Die Flächenumwidmung von Primärwald spielt beim Anbau von Kokospalmen bislang keine wesentliche Rolle.

Pilotprojekt für den Aufbau einer nachhaltig zertifizierten und transparenten Lieferkette für Kokosfett

Im Jahr 2015 hat die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, BASF, Cargill, Procter & Gamble (P&G) im Rahmen des develoPPP.de Programms des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in einer Entwicklungspartnerschaft zusammengeschlossen. Ziel der Partnerschaft ist es, in den Hauptanbauländern von Kokospalmen, Philippinen und Indonesien, eine nachhaltig zertifizierte und transparente Lieferkette für Kokosöl aufzubauen.

Durch die Zusammenarbeit mit den Kleinbauern und die Vermittlung besserer Praktiken soll die Produktivität des Anbaus verbessert und so das Einkommen der Kleinbauern sowie ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit erhöht werden. Mit Unterstützung dieser Partnerschaft wurde erstmals im Jahr 2018 das erste Rainforest Alliance Certified Kokosöl auf den Philippinen produziert. Allerdings konnten weltweit 2019 nur 7.900 Tonnen Rainforest Alliance Certified Kokosöl, das für die Verwendung von Lebensmitteln geeignet ist, hergestellt werden.

Der BDSI begrüßt sämtliche Initiativen für einen nachhaltigen Anbau auch bei Kokosfett. Der Verband geht davon aus, dass mit einer Verbreiterung des Angebotes von nachhaltig hergestelltem Kokosfett dieses, wie zuvor schon beim Palmöl und Kakao, nach und nach auch in der Produktion von Speiseeis an Bedeutung zunehmen wird.